Im Tagesgeschehen der aktuellen Weltsituation fragt es sich, wo bleiben humanistische Bildung und die Erkenntnisse der geschichtlichen Erfahrung, wo die Aufklärung? Wieso ist davon so wenig in der globalen Bevölkerung angekommen, und wo zeigt sich ein generelles politisches Aufbegehren in den akademischen Eliten? Ähnlich wie Ikarus in der griechischen Mythologie dem Rausch von Flughybris erlag, gerät die menschliche Moderne im aktuellen Fortschrittstaumel in eine Empfindung von Allmacht und Götterähnlichkeit. Dabei entzieht sich der Bewusstheit, dass dieser Höhenflug die tragenden Federn der menschlichen Natur langsam aber sicher aus dem Zusammenhalt schmilzt.

Warum verhält sich eine aufgeklärte und bildungsorientiert sehende Welt so merkwürdig, warum versagen alle bisher etablierten humanen Erziehungs- und Sozialtheorien in der Praxis? Das beobachtbare Unvermögen der Völkergemeinschaft, humanistisch orientierte Sozialsysteme und kooperative Weltsicht fest zu etablieren, lässt in Richtung eines oft ignorierten Existenz-Faktors blicken: Wieviel „unreflektiertes äffisch-archaisches“ Erbe steckt im kleinen und großen Alltagsgeschehen? Wie stark bestimmt es die Flugbahn des heutigen „Ikarus“? Unsere evolutionär geprägten Emotionen machen möglicherweise permanent Schwierigkeiten! Es wäre kein Wunder, wenn das aktuelle Problemfeld darin bestehen würde, dass wir die Existenz von uralten biologischen Handlungsfaktoren im Alltagsgeschehen nicht einplanen. Es geht dabei nicht um primitiven Biologismus, sondern in erster Linie um Akzeptanz, dass „Biologie“ in unserer Wesensart subtil eine Rolle spielt. Kultur und Wissen müssen humanistisch orientierte Lebenssichten und Sozialsysteme so etablieren und in Zukunft sichern, um mit wissens- und erkenntnisbezogenen Präventions- und Kontrollmechanismen unangepasste und gefährliche biologische Auswüchse zügeln zu können. „Ikarus“ benötigt Anpassung der Flughöhe, um menschliche Perspektive zu erhalten und den Weiterflug zu ermöglichen!